Winckelmann und Ägypten

Reiseberichte -

Alfred Grimm: Statuette des "Memnon"

Die schwere, sehr wahrscheinlich mit Blei gefüllte Statuette stellt die dreidimensionale Umsetzung einer Vorlage aus Richard Pocockes Beschreibung des Morgenlandes und einiger anderer Länder. Der erste Theil von Egypten (Erlangen 1754) dar, die eine der beiden als "Memnonskolosse" bezeichneten Monumentalstatuen König Amenophis' III. (1387 - 1350 v. Chr.) zeigt.

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Bronze, mit Blei gefüllt
H. 15,5cm
Karlsruhe, Badisches Landesmuseum,
Herkunft unbekannt

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Carlo Fea: Einer der beiden Memnonkolosse
Opere di G. Winckelmann (...)
Prato 1834

Die vor dem jetzt zerstörten Totentempel von Amenophis III. in Theben-West stehenden Kolossalfiguren galten in der römischen Kaiserzeit als Darstellungen des Memnon, des Sohnes der Eos, der im Trojanischen Krieg von Achili getötet worden war. Der nördliche (rechte) Koloß ist die berühmte »klingende Memnonsäule«, die in römischer Zeit von vielen Reisenden besucht wurde. Der bei Sonnenaufgang ertönende, durch das Erwärmen des Gesteins erzeugte Klang - als Memnons Klagegesang gedeutet - verschwand nach der Ausbesserung der Figur unter Kaiser Septimius Severus.

Durch ihr Erklingen bei Erscheinen der Morgenröte wurde die Bildsäule des Memnon gleichsam zum Emblem der romantischen Poesie und es ist der deutsche Dichter Novalis (1772-1801), der - aus Hemsterhuis' Alexis exzerpierend und umdeutend - die allegorische Funktion der Memnon­Statue exemplarisch ausgesprochen hat:

»Der Geist der Poesie ist das Morgenlicht, was die Statue des Memnons tönen macht.«

Selbst Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) bemerkt dazu in seinen Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte:

»Die kolossale Bildsäule des Memnon erklingt vom ersten Blick der jungen Morgensonne; doch ist es noch nicht das freie Licht des Geistes, das in ihm ertönt. Die Schriftsprache ist noch Hieroglyphe und die Grundlage derselben nur das sinnliche Bild, nicht der Buchstabe selbst.«

Und im Gesang der Memnonskolosse von Franz Werfel (1890-1945) heißt es dann:

»Ich aber verfalle vor Gesang.«

Mit Verweis auf Diodor erklärte auch Winckelmann »Memnon« als den einzigen namentlich bekannten ägyptischen Bildhauer:

»Der Name eines einzigen ägyptischen Bildhauers hat sich nach griechischer Aussprache erhalten; er hieß Memnon, und hatte drey Statuen am Eingange eines Tempels zu Theben gemachet, von welchen die eine die größte in ganz Aegypten war.«

(GK2 S. 64 = SN 4,1 S. 63)

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