Altägypten (be)greifen

40 Berührungspunkte für Blinde und Sehende

Staatliches Museum Ägyptischer Kunst München, 9. Feb. - 15. Oktober 2006
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Alltag im Alten Ägypten

Über keine andere Kultur der Antike sind wir so gut informiert wie über das alte Ägypten. Die Reliefs und Malereien der Gräber schildern das Leben im Land am Nil, die Vergnügungen und Feste der Vornehmen ebenso wie die Arbeit der Handwerker und Bauern. Diese Informationen werden ergänzt durch schriftliche Überlieferungen sowie die archäologischen Funde. Diese stammen zu einem kleinen Teil aus Siedlungen, zum größten Teil jedoch aus den Gräbern. Da die Ägypter an ein Weiterleben nach dem Tode glaubten und sich das Jenseits als idealisiertes Abbild des Diesseits vorstellten, benötigten sie für ihre jenseitige Existenz all jene Gegenstände, die sie im Alltag verwendeten. Diese wurden als Beigaben mit ins Grab gegeben und in unmittelbare Nähe des Sarges gestellt, damit der Verstorbene sie gleich zur Hand hatte.

Unverzichtbar für die jenseitige Existenz waren Nahrung und Mobiliar, Kleidung und Schmuck sowie kosmetische Produkte zur Pflege des Körpers. Hiervon werden im Folgenden einige Beispiele vorgestellt.

Zum Thema "Alltag" vorgestellte Objekte:

Lebensgroße Puppe einer vornehmen Dame

Nach dem Vorbild der Grabbilder und Statuen wurde diese Figur so eingekleidet, dass sie dem Aussehen einer vornehmen Dame vor dreitausendfünfhundert Jahren entspricht. Dies ist die Epoche des so genannten Neuen Reiches.

Zu festlichen Anlässen trug man über dem eigenen Haar aufwändig geknüpfte Perücken, die aus echtem Haar oder Wolle gefertigt wurden. Ihr Haar fiel in feinen Löckchen bis auf die Brust. Besondere Sorgfalt verwendete man auf das Schminken des Gesichtes. Die Augenbrauen und Lidränder wurden mit schwarzer Farbe, dem so genannten "Kochel", nachgezogen. Diese Umrahmung des Auges wurde durch eine kräftige Linie betont, die Schminkstrich genannt wird. Sie setzt am äußeren Augenwinkel an und führt waagerecht zur Schläfe. Zusätzlich wurde Lidschatten aufgetragen, meist in grüner Farbe. Außerdem verwendete man Rouge für Wangen und Lippen.

Die Kleider hatten einen einfachen Schnitt. Sie waren ärmellos, von Trägern gehalten und reichten fast bis zu den Knöcheln. Sie waren meist weiß, doch sind in den Darstellungen auch farbige Kleider belegt. Sie bestanden aus Leinen, das überaus fein gewebt war. Manchmal sind die Stoffe durchscheinend, oft wurden sie plissiert.

Als Schmuck finden sich Ohrringe, Armreifen und Ketten. Besonders beliebt war der Halskragen aus Perlen. Dies ist eine Art Collier aus vielen einzelnen Elementen, die zu mehreren miteinander verbundenen Ketten aufgefädelt wurden. Die Perlen bestanden aus Gold und bunten Halbedelsteinen, meistens jedoch aus Fayence, einer glasierten Keramik. Manche dieser Halskrägen reichten bis zu den Schultern und zur Brust. Sie waren dann so schwer, dass sie im Nacken ein Gegengewicht benötigten. >

Normalerweise ging man barfuß, doch sind auch Sandalen erhalten, die aus Binsen oder Palmrispen geflochten waren.

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Statuengruppe eines sitzenden Ehepaares

Das Ehepaar sitzt nebeneinander auf einer Bank mit hoher Rückenlehne, vom Betrachter aus der Mann links und die Frau rechts. Beide sind nahezu gleichgroß dargestellt. Die Unterarme und Hände des Mannes liegen flach auf den Oberschenkeln auf. Die Frau legt ihren rechten Arm um den Rücken ihres Mannes. Ihre linke Hand ist in einer zärtlichen Geste in die linke Armbeuge ihres Mannes gelegt. Man könnte auch formulieren, dass sie mit dieser Umarmung ihren Mann fest im Griff hat. In der Tat ist in den meisten ägyptischen Statuengruppen die Frau als die aktivere gezeigt. Dies entspricht auch ihrer Position als Herrin des Hauses, wie ihr offizieller Titel lautet. Modern formuliert, kommt der Ehefrau die Rolle des Haushaltsvorstandes zu.

Die Frau trägt eine voluminöse Perücke, deren Strähnen bis auf die Brust fallen. Ihr enganliegendes Gewand reicht bis zu den Knöcheln herab. Auch ihr Mann trägt eine Perücke mit langen Strähnen, die jedoch die Ohren frei lassen und auf den Rücken fallen. Sein Oberkörper ist nackt, er trägt einen knöchellangen Schurz, eine Art langer Rock, der unterhalb des Bauchnabels gegürtet ist. Seine linke Hand ist flach auf dem Oberschenkel ausgestreckt. In der zur Faust geballten rechten Hand hält er eine Art Taschentuch. Weitere Details wie etwa die Halskrägen sind nicht plastisch ausgeführt und waren ursprünglich aufgemalt.

Beide Figuren tragen eine senkrechte Inschriftzeile, die mittig auf dem Schoß beginnt und jeweils bis zum unteren Rand des Gewandes läuft. Sie enthält Name und Titel der Dargestellten sowie eine kurze Bitte um Opfergaben. Die Frau heißt "Tanetwadsch", ihr Mann "Amenhotepuser". Er hatte das Amt eines Tür-Hüters der Scheune der Amunsdomäne inne, hatte also über die Getreidelieferungen an den Amun-Tempel von Karnak zu wachen.

An den beiden Außenseiten der Sitzbank sind zwei Kinder des Ehepaares in Relief dargestellt. Der Sohn, rechts neben der Mutter, trägt den Namen "Ramose". Die Tochter, links neben dem Vater, heißt "Henuttaneb" und hatte den Rang einer Hofdame

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Lebensgroße Figur eines vornehmen Mannes

Die Tracht des Mannes entspricht derjenigen der daneben stehenden Sitzfigur des Maja. Der Mann sitzt aufrecht und würdevoll auf einem einfachen würfelförmigen Hocker. Dies entspricht dem Schriftzeichen für vornehm und edel und gibt damit einen Hinweis darauf, dass hier eine hochstehende Persönlichkeit dargestellt ist. Denn der einfache Ägypter besaß keinen Stuhl, er hockte auf einer Matte am Boden.

Der Mann trägt eine feine Löckchenperücke, deren halblange Haare bis auf die Schultern reichen. Sein Oberkörper ist nackt, an den Oberarmen und Handgelenken sitzen breite Goldbänder. Um den Hals liegen zwei Ketten aus großen, scheibenförmigen Perlen. Im Original sind sie aus Edelmetall gewesen. Sie wurden vom König als Belohnung für besondere Dienste an siegreiche Offiziere und verdiente Beamte verliehen und werden als Ehrengold bezeichnet.

Das Tuch in der rechten Hand ist ebenfalls ein Abzeichen der Würde. Es hatte aber auch den ganz praktischen Zweck, sich Luft zuzufächeln oder Schweiß abzutupfen. Einziges Kleidungsstück ist ein Leinenschurz, der bis zum Knie reicht und fein plissiert ist.

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Sitzfigur des Maja

Die Figur zeigt den Fürsten und Vorsteher der Priester namens Maja in würdevoller Haltung auf einem blockförmigen Hocker thronend. Er ist lediglich mit einem kurzen plissierten Schurz bekleidet und hält in der rechten Hand ein Leinentuch als Zeichen seines sozialen Status. Er trägt eine sorgfältig gearbeitete Perücke, deren feine Strähnen über der Stirn eine Art Pony bilden. Die Masse der Haare fällt in feinen Löckchen auf Schultern und Rücken herab und lässt die Ohren frei.

Um den Hals trägt Maja die dicken Perlenketten des Ehrengoldes. Breite Spangen liegen um Oberarme und Handgelenke, die im Original aus Gold zu denken sind. Zahlreiche anatomische Details sind bei dieser Statue sorgfältig in plastischer Arbeit ausgeführt: Augenbrauen und Brustwarzen, die kantigen Knie, das Schienbein und die muskulösen Waden. Sogar die Fußnägel der feingliedrigen Zehen sind plastisch ausgeführt.

Oberhalb der rechten Brust sind zwei Kartuschen zu erkennen, die langgezogenen Ringe, in die der Königsnamen eingeschrieben ist. Hier handelt es sich um die Namen von Thutmosis dem Dritten, woraus hervorgeht, dass Maja in der Zeit um vierzehnhundertfünfzig vor Christus gelebt hat.

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Bett mit Kopfstütze

Während die einfache Bevölkerung auf einer Matte am Boden schlief, waren in der Oberschicht richtige Betten in Gebrauch. Sie bestanden aus einem leicht geschwungenen Holzrahmen auf vier Beinen, die oft in Gestalt von Löwenbeinen gearbeitet waren. Die Liegefläche war mit Leinenstricken oder Lederriemen eingeflochten. Im Unterschied zu unseren Betten gab es nur ein hochgezogenes Fußteil und kein entsprechendes Brett am Kopfende.

Außerdem schlief man nicht auf einem Kissen, sondern legte den Kopf auf eine sogenannte Kopfstütze. Vergleichbare Objekte sind auch heute noch bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Afrika in Gebrauch. Diese Kopfstütze zeigt an der Unterseite der Auflagefläche zwei kleine Hände, die symbolisch den Kopf halten und schützen sollen. Auch Darstellungen göttlicher Wesen und magische Sprüche finden sich auf Kopfstützen, um so den Schlafenden vor Dämonen und schlechten Träumen zu bewahren.

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Kosmetikkästchen mit Salbgefäßen und Spiegel

Zur Aufbewahrung der zahlreichen Utensilien zur Gesichtspflege benützte man kleine Kästchen aus Holz. Außen waren sie oft mit Einlegearbeiten aufwändig verziert, innen besaßen sie verschiedene Fächer und Schubladen. So konnte man Spiegel und Kämme, Haarnadeln, Pinzetten und Schminkstäbchen sowie kleine Gefäße für Salben und Schminke übersichtlich aufbewahren.

Nach Abnahme des Deckels erkennt man einen passgenauen Einsatz für einen Handspiegel. Der hölzerne Griff ist in Gestalt einer Papyruspflanze gearbeitet, dem Symbol für Jugend und Frische. Die eigentliche Spiegelplatte besteht aus glatt poliertem Metall. In der Schublade unterhalb des Spiegelfaches stehen in entsprechenden Einsätzen kleine Steingefäße aus Kalzit, dem ägyptischen Alabaster. Sie dienten zur Aufbewahrung der schwarzen Augenschminke, kostbarer Salben und parfümierter Öle. Ein Duftstoff, der in zahlreichen Salbölen aufgelöst wurde, stammt von der Lotospflanze. Dies ist eine den Seerosen verwandte, stark duftende Wasserpflanze, die in Ägypten sehr häufig vorkam und als Symbol für Auferstehung und Wiedergeburt galt.

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Schminkpalette in Gestalt eines Fisches

Der hohe Stellenwert der Kosmetik lässt sich an der Objektgruppe der Schminkpaletten ablesen. Dabei handelt es sich um flache, scheibenförmige Gegenstände in Form eines Kreises, einer Raute oder eines Rechteckes, die zum Anreiben der Augenschminke verwendet wurden. Sie sind meist aus Schiefer und finden sich bereits in den vorgeschichtlichen Gräbern im vierten Jahrtausend vor Christus. Kleine Vertiefungen und Reibspuren zeigen, dass sie bereits zu Lebzeiten in Gebrauch gewesen waren und als kostbarer persönlicher Besitz dann auch ins Grab mitgegeben wurden. Besonders wertvolle Schminkpaletten zeigen figürliche Formen, meist Tiere. Häufig belegt sind Paletten in Gestalt eines Fisches. An der Wende zum dritten Jahrtausend vor Christus, am Übergang von der vorgeschichtlichen zur pharaonischen Zeit, werden die Schminkpaletten dann zum Träger der ersten Reliefdarstellungen. Als kostbare Weihegeschenke werden sie in die ältesten Göttertempel gestiftet.

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Figur einer Kornmalerin und Reibschale

Brot und Bier waren die Grundnahrungsmittel im alten Ägypten, ihre Herstellung wird daher häufig an den Grabwänden dargestellt. Im alten Reich, in der so genannten Pyramidenzeit um 2500 vor Christus, gehörten zusätzlich Dienerfiguren zur Grabausstattung. Dies sind kleine, etwa 30 bis vierzig Zentimeter hohe Figuren aus Kalkstein, die Männer und Frauen bei bestimmten Tätigkeiten zeigen, die meist in Zusammenhang mit der Herstellung von Nahrungsmitteln stehen. Besonders häufig werden Bäcker und Bierbrauer dargestellt, die die notwendige Versorgung des Verstorbenen im Jenseits sicherstellen sollten.

Diese Dienerfigur zeigt eine am Boden kniende Frau, die mit Hilfe eines großen Steines Korn auf einer Reibschale zermahlt, die vor ihren Knien liegt. Diese Reibschalen waren, wie das Original zeigt, aus hartem Gestein und weisen stets eine ovale Vertiefung auf. Darin wurde in mühevoller Arbeit das Korn - Weizen, Emmer oder Gerste - zerquetscht und gemahlen, was meist die Aufgabe der Frauen war. Die Qualität und Feinheit des Mehles hing stark vom Material und der Oberflächenbeschaffenheit von der Reibschalen und Reibsteine ab sowie der Engmaschigkeit der Siebe ab. Wie Befunde an Mumien belegen, waren die Reste von Gesteinsmehl in den Backwaren für die ständige Abschleifung der Zähne mit verantwortlich.

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Figur eines Bierbrauers

Das altägyptische, obergärige Bier wurde aus einem Gemisch aus nur leicht angebackenen Gerstenbroten und Dattelbrei ohne Hopfen hergestellt. Da es nicht sehr haltbar war, musste es relativ bald nach dem Brauen getrunken werden. Und weil die Ägypter auch bei größeren Unternehmungen wie einem Kriegszug oder einer Expedition in die Ostwüste zur Steingewinnung nicht auf ihr Lieblingsgetränk verzichten wollten, nahm man Bäcker und Bierbrauer sowie die notwendigen Grundstoffe mit und setzte das Bier immer wieder frisch an.

Auch diese Figur, im Original aus Kalkstein, gehört zu den so genannten Dienerfiguren. Sie stellt einen Brauer bei seiner Arbeit dar. Der Mann steht leicht vornübergebeugt über einem großen, bauchigen Gefäß. Dieses hat vorn einen Ausguß, und auf seinen Rand ist ein großes Sieb aufgesetzt. Darin befindet sich der Brei aus Brot und Datteln, der von dem Brauer in das Gefäß gedrückt wird. Daher sind seine Hände nicht zu erkennen, sie stecken bis zu den Handgelenken in der Maische. Als einziges Kleidungsstück trägt der Mann einen kurzen, oberhalb der Knie endenden Schurz.

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Bierkrug und Brotform

Das hohe, leicht bauchige Gefäß mit glattem Rand hat die typische Form eines ägyptischen Bierkruges. Für den alltäglichen Gebrauch bestimmt, wurde es aus recht grobem Ton eher flüchtig gefertigt. Derartige Gefäße wurden als Massenware hergestellt. Unmittelbar vor dem Einfüllen des frisch gebrauten Bieres wurde ein solches Gefäß innen mit einem sehr feinen Ton ausgestrichen. Dies diente einerseits zur Abdichtung der porösen Wandung, anderseits hat diese Maßnahme das Aufschäumen des Bieres und damit das Schalwerden verhindert, so wie man heute Weißbiergläser vor Gebrauch mit kaltem Wasser ausschwenkt. Der gefüllte Krug wurde dann sofort mit einem noch feuchten Deckel aus Ton verschlossen.

Das andere Gefäß, das nach oben hin glockenförmig ausschwingt, wurde als Brotform verwendet. Die Ägypten kannten verschiedenste Brotsorten, die in unterschiedlich gestalteten Tonformen gebacken wurden. Dazu füllte man den Teig in die Brotformen und buk diese dann übereinander gestapelt direkt im Feuer oder in der Glut aus. Danach wurde das Brot mit Hilf eines Stöckchens durch das Loch im Boden der Backform herausgedrückt.

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